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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.03.2001
Aktenzeichen: 10 UF 143/00
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1601 ff |
SchlHOLG, 2. FamS, Urteil vom 23. März 2001, - 10 UF 143/00 -
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
10 UF 143/00 1 F 77/00 AG Eutin
Verkündet am: 23. März 2001
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schomaker, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Rühling und den Richter am Oberlandesgericht Mihr für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Juli 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Eutin geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 26. Dezember 1998 an den Kläger Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages, monatlich im Voraus zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort. Das auf den Kläger entfallende Kindergeld ist dabei bis zum 31. Dezember 2000 zur Hälfte und ab dem 01. Januar 2001 in Höhe von 10,00 DM anzurechnen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß §§ 1601 ff. BGB einen Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt. Der Beklagte kann sich gegenüber diesem Anspruch nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei nicht hinreichend leistungsfähig. Der Beklagte hat in seiner Ehe in Absprache mit seiner Frau die Rolle des sogenannten Hausmannes eingenommen. Diese Entscheidung berührt grundsätzlich nur das Verhältnis zu seiner Ehefrau und seinen Kindern, befreit ihn allerdings nicht von seiner Unterhaltspflicht im Hinblick auf sein nichteheliches, unterhaltsbedürftiges Kind, den Kläger.
Mit der durch die Geburt des Klägers bedingten neuen Vaterschaft des Beklagten sind notwendig neue Pflichten verbunden, die der Beklagte neben seinen aus der Hausmannsrolle folgenden Pflichten zusätzlich zu erfüllen hat. Wie der Beklagte diesen Pflichten nachkommt, bleibt grundsätzlich ihm überlassen. Mag es aus wirtschaftlichen, oder sonstigen Gründen für den Beklagten und seine Ehefrau sinnvoll sein, dass er die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung übernimmt, während seine Ehefrau vollschichtig als Kinderkrankenschwester tätig ist, so darf diese Entscheidung, die hier grundsätzlich nicht zu hinterfragen ist, weil sie unwidersprochen bereits mehrere Jahre vor der Geburt des Klägers getroffen wurde, die Bedürfnisse des Klägers nicht unberücksichtigt lassen, d.h. sich im Ergebnis nicht zu dessen Lasten auswirken. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob der Beklagte als ausgebildeter Diplom-Landwirt in der Lage wäre, im Falle eigener Erwerbstätigkeit ein höheres Einkommen zu erzielen als seine Frau. Entscheidend ist allein, dass die Übernahme der Haushaltsführung und Kindesbetreuung den Beklagten nur gegenüber den Mitgliedern seiner Familie und nicht gegenüber dem minderjährigen Kläger entlastet, da die Unterhaltsansprüche der Kinder hier gemäß § 1609 BGB gleichrangig sind.
Die Gleichrangigkeit des Unterhaltsanspruchs eines Kindes aus einer früheren Ehe auch bei einer Betreuung eines Kindes aus der neuen Ehe gebietet es, die Beeinträchtigung seines Anspruchs so gering wie möglich zu halten. Grundsätzlich hat daher der unterhaltspflichtige Elternteil im Allgemeinen seine Auslastung durch die Betreuung des Kindes aus der neuen Ehe und die Haushaltsführung auf das wegen der Funktionsteilung zwischen den Ehegatten unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Er hat daher wenigstens eine Nebentätigkeit aufzunehmen, um auch zum Unterhalt des Kindes aus der früheren Ehe beitragen zu können, soweit er hierdurch im Verhältnis zu anderen, gleichrangig Unterhaltsberechtigten aus der neuen Ehe nicht unverhältnismäßig belastet wird (vgl. BGH, FamRZ 1980, 43; FamRZ 1982, 25; FamRZ 1982, 590).
Auch der hier zur Entscheidung gestellte Fall ist nach diesen Grundsätzen zu beurteilen, denn es macht für die Frage der Leistungsfähigkeit eines unterhaltspflichtigen Vaters und den daran anknüpfenden Unterhaltsanspruch seines Kindes keinen Unterschied, ob er Kindern aus erster Ehe Unterhalt leisten muss, wenn er in seiner zweiten Ehe minderjährige Kinder betreut, oder ob seine Unterhaltspflicht an eine neben die weiterbestehende Ehe tretende, weitere Vaterschaft anknüpft.
Eine übermäßige Belastung des Beklagten durch eine Nebentätigkeit wäre im vor-liegenden Fall auch nicht gegeben, weil der Kläger ab seiner Geburt nur den Regelunterhalt geltend macht. Dabei ist nach Ansicht des Senats davon auszugehen, dass der gut ausgebildete, arbeitsfähige Beklagte bei hinreichenden Bemühungen entweder die von ihm ausgeübte Nebenerwerbstätigkeit als Tischlereimonteur in für die Begleichung des Regelunterhalts ausreichendem Maße ausbauen oder eine sonstige Nebentätigkeit hätte finden können, wenn er sich ernsthaft darum bemüht hätte. Nach der Rechtsprechung des BGH können dem Beklagten als barunterhaltspflichtigem Elternteil neben seiner Hausmannsrolle Teilzeitbeschäftigungen wie häusliche Erledigung einfacher Lohnarbeiten, Putztätigkeiten in den Abendstunden und leichtere Arbeiten in einem fremden Haushalt, auch eine zeitweise Tätigkeit als Nachtpförtner u. ä. zugemutet werden, selbst wenn er qualifiziert ausgebildet ist (BGH FamRZ 1980, 43; 1986, 668; 1987, 270; 1982, 590). Die Ehefrau des Beklagten kann selbst bei der gewählten Rollenverteilung im Verhältnis zu dem Kläger nicht verlangen, dass der Beklagte in seiner Ehe unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit nur die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernimmt. Sofern es der Ehefrau zumutbar ist, ist sie vielmehr gehalten, dem Beklagten durch eine Teilübernahme häuslicher Aufgaben die erforderliche Zeit und damit die Möglichkeit zu verschaffen, seine Arbeitskraft nicht vollständig für die Mitglieder der Familie, sondern auch für den Unterhalt des minderjährigen Klägers zu verwenden. Der Senat verkennt bei dieser Sicht der Dinge die grundsätzlichen Schwierigkeiten der Ehefrau des Beklagten nicht, die hier als Kinderkrankenschwester im wechselnden Schichtdienst auch mit Nachtschichten einer erheblichen beruflichen Belastung ausgesetzt ist. In diesem Fall ist es dem Beklagten zuzumuten, sich die Erwerbsmöglichkeit für einen Nebenverdienst durch den zeitlich eng begrenzten Einsatz einer Hilfskraft zu verschaffen (vgl. BGH, FamRZ 1986, 668).
Auch die Berücksichtigung eines Selbstbehalts des Beklagten führt hier zu keinem anderen Ergebnis, denn diesem steht im vorliegenden Fall kein ungeschmälerter Selbstbehalt zu (vgl. BGH, FamRZ 1987, 472). Die Kürzung des im Regelfall notwendigen Selbstbehalts von 1.400,- DM rechtfertigt sich daraus, dass der Beklagte mit seiner Ehefrau in häuslicher Gemeinschaft lebt und dadurch Ersparnisse hat, die bei der Bemessung des Selbstbehalts nach den Unterhaltsleitlinien nicht berücksichtigt sind, da diese darauf abheben, dass der Unterhaltsschuldner alleine lebt und wirtschaftet. Der Umfang der Kürzung des Selbstbehalts bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, denn der dem Beklagten zur Deckung des eigenen Bedarfs jedenfalls verbleibende Betrag ist höher als der Betrag, von dem die Rechtsprechung ansonsten in vergleichbaren Fällen ausgeht (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2000, 311; dort: 1.095,- DM).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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